ZAPPER VOR ORT: Berlin im Harry-Potter-Fieber

FR 20.07.2007, Berlin, Kulturkaufhaus Dussmann

Freitagabend, kurz vor Mitternacht am Kulturkaufhaus Dussmann in der Berliner Friedrichstraße. Eine lange Schlange schon vor dem Eingang. Alle warten auf Harry Potter. Alle warten darauf, endlich den siebten und letzten Band der Buchreihe in die Hände zu bekommen.
Die Leute stehen stundenlang an – für ein Buch. Dass ich das noch erleben darf!
Ich schleiche mich durch den Seiteneingang rein. Im gesamten mittleren Flur stehen Leute und warten. Und lassen sich vom Fernsehen interviewen. Ein RTL/n-tv-Team befragt gerade ein kleines Mädchen mit leichtenden Augen, was es an Harry Potter so faszinierend findet. Alles. Sie findet alles faszinierend. Das ist schön.
Alle Mitarbeiter von Dussmann rennen in Zauberumhängen um und haben dicke Nickelbrillen auf. Zumindest im Film sieht Harry doch so gar nicht mehr aus, oder? Egal. Sieht jedenfalls abgefahren aus. Irgendwie.
Es ist 0.30 Uhr und die Spannung steigt. Ich sehe mich unterdessen im restlichen Geschäft um, das gut gefüllt ist. Schaulustige, wie ich. Bei den DVDs stockt mir der Atem angesichts der stark überhöhten Preise. Eine Frechheit, was Dussmann da teilweise verlangt. So kosten die Lindenstraße-Boxen hier unfassbare 120 Euro. Normal sind knapp 90 Euro, oft gibt es sie auch für 75 bis 80 Euro. Aber nicht 120. Pfui! Das zieht sich durchs ganze DVD-Sortiment.
0.55 Uhr. Ich stehe auf einer Empore und sehe mir zusammen mit vielen anderen das Treiben von oben an. Fotografen schießen Fotos. Vereinzelte Sprechchöre: Sie wollen Harry Potter sehen. Sterben sehen? Wer weiß das schon. Um 1.01 Uhr soll der verkauf beginnen.
Punkt 0.59 Uhr. Unter Geschrei der Fans werden die Tücher über den Harry-Potter-Bücherstapeln weggezogen. Der Verkauf beginnt. Einen Tick zu früh, aber er beginnt.
Es spielen sich Szenen ab, die durchaus denkwürdig sind. Junge Mädchen umarmen sich, kreischen, kämpfen mit den Tränen. Jubeln. Winken. Nur zur Erinnerung: Hier geht es um ein Buch und nicht um Tokio Hotel.
Die ersten Bücher gelangen in die Hände der Fans. Die rennen mit den wertvollen Drucken zur Kasse. Alle wollen Harry potter bezahlen. Nur ein Herr drängelt sich mit Tommy Jauds „Millionär“ dazwischen.
1.30 Uhr. Während ich schalldämpfende Kopfhörer auf habe und in das neue Gerhard-Schöne-Album sowie in die 2006er-Spoortfreunde-Stiller-Fußball-CD reinhöre, sitzt neben mir auf dem Boden ein junges Mädchen und beginnt, das Buch zu lesen. Einen Übersetzungscomputer hat sie im Schoß. Falls sie nicht alles mitbekommt. Die Schlange am Buchstapel wird kürzer, dafür aber die Schlangen an den Kassen länger. Noch einmal warten bis zum finalen Kauf. Und dann lesen. Lesen, wie es zu Ende geht bis Potter und Co.
Ich weiß auch schon Bescheid. Dank Bild. Die diesmal wohl recht hatte. Spiegel Online bestätigte jedenfalls jetzt die Version.
Auch auf dem Bahnhof Friedrichstraße und in der S-Bahn war das Potterfieber zu beobachten. Deutschland liest wieder. Danke, Harry Potter!


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